28 Oktober 2007

Die Türkei muss kurdischer werden

Aus der Diskussion mit türkischen Nationalisten

Anonymer User schrieb am 27.10.2007 23:13 Uhr: "Dies das Natürliche recht eines jeden Landes."

Länder/Staaten haben keine "natürlichen Rechte", allenfalls politische Pflichten und Rechte.

Anonymer User schrieb: "Es geht doch aber nur darum dass die PKK (Terroristen) aufhören Terror in der Türkei auszuüben."

So sagt es die türkische Propaganda, aber "es geht nicht nur" um die PKK, sondern um die Gewährleistung der kulturellen Identität für mehr als 10 Mio. Kurden.

Anonymer User schrieb: "Die Türkei will die Innere Sicherheit gewährleisten das zu dem Aufgaben-Gebiet jeden Staates gehört."

Die Türkei "will ...", aber sie soll kurdischer werden, wenn sie nicht an dem Kurdenkonflikt zerbrechen oder zum Verbrecherstaat werden will.

Anonymer User schrieb: "Wenn der Irak es nicht schafft müss die Türkei solche Operationen durchführen so wie in der Vergangenheit schoneinmal."

Die Türkei "schafft" es schon auf dem türkischen Staatsgebiet nicht. Dann wird sie mehr als Blutvergießen auch auf irakischem Staatsgebiet nicht schaffen, also auch nicht dürfen.

Anonymer User schrieb: "die PKK, die seit 25 Jahren keine Ruhe gibt."

Ich bin Gegner der PKK, denn sie ist ein Schwindelhaufen, der Jahr für Jahr mit "einseitigen Waffenstillstandsangeboten" in die Winterpause geht, aber vom bewaffneten Kampf und separatisch-nationalistischem Getöse nicht ablässt. Aber die PKK ist nur die eine Seite des Problems. Die andere Seite ist der türkische Nationalismus und oft genug militaristische Staatsterrorismus, der für die nationalen Minderheiten unerträglich ist.

Anonymer User schrieb: "Die Türken und Kurden leben friedlich miteinander in der Türkei auf jeden Fall der größte Teil, sie kampfen zusammen gegen die PKK und protestieren auch dagegen zusammen."

Der Weg zu solch einer Realität ist weit. Und den bekommt man nur hin, wenn die Türkei kurdischer wird.

Anonymer User schrieb: "In der Türkei werden die nicht unterdrückt die Türken sagen, dass die Kurden unsere Brüder und Mitbürger sind."

Bruder Kain erschlug Abel. Das ist nur Bibel-Story, aber in der Realität tausendfaches Verbrechen. Und oft genug ist das Gerede von der Brüderlichkeit Heuchelei.
Wenn Türken zu Kurden "Bruder" oder "Mitbürger" sagen, dann freut mich das nur dann, wenn sich Türken ehrlich machen und eingestehen, dass der türkische Staat keine wirklich gemeinsame Sache aller Nationalitäten war, die innerhalb dieses Staates leben. Aber das ließe sich vielleicht nachholen, indem die Nationalitätenpolitik verändert und die Türkei multikultureller wird.

Anonymer User schrieb: "Soetwas hört man in Europa selten über Ausländer und über die hier lebenden Türken und Kurden."

Beschwere Dich bei denen, bei denen Du es vermisst, aber nicht bei mir, denn ich propagiere die Multikulturalität als politisches Gebot.

Anonymer User schrieb: "Jeder Krieg ist schlecht, aber manchmal kommt man nicht drum herum."

Dann findest Du den Krieg nicht "schlecht" genug.

Anonymer User schrieb: "Warum hört die PKK einfach nicht auf. Es sind ca. schon 30000 türkische Soldaten in den letzen 25 Jahren gestorben jetz kürzlich wieder 12."

Du zählst die Toten der PKK nicht mit. Der Krieg ist gemeinsames Verbrechen derer, denen nichts besseres als Krieg einfällt.

Anonymer User schrieb: "Ist klar dass die Türkei ernst macht dass muss ein Ende haben."

Du suggerierst, dass Krieg eine Lösung bringen würde. Das suggerieren Kriegstreiber immer, aber der Krieg läuft schon seit Jahrzehnten. Vernichtungswerk, Elend, Mord - das ist seine "Lösung".
Das sage ich Dir, wie ich es auch den Fans der PKK sage: Mit Waffen geht nur das Land kaputt, so dass Millionen in fremden Ländern ihr Glück suchen. Aber das Glück ist nicht immer leicht zu erlangen.

Anonymer User schrieb: "Die Türkei ist ein Demokratisches Land wir haben Öcalan nicht umgebracht ..."

Das ist auch gut so. Aber vergiss mal nicht, dass zunächst die Todesstrafe vorgesehen war. Hast Du damals dagegen geschrieben? Ich schrieb gegen die Todesstrafe auch im Fall Öcalan, weil die Töterei ohne Notwehr sowieso Verbrechen ist. Ganz egal, um wen es geht.

Anonymer User schrieb: "... wir sind auch nicht sofort einmarschiert ..."

Das wäre kein Spaziergang geworden. Wenn Du "wir" schreibst, was meinst Du damit? Dass auch Du "mitmarschiert" wärst? Dann sei froh, dass Du nicht musstest und tue nicht so, als müsste sich jemand bei Dir dafür bedanken. Denn so lebst Du noch, hast niemanden getötet und wurdest nicht getötet. Sei froh.

Anonymer User schrieb: "... wir ... und haben nicht wie die USA oder Israel mit Krieg geantwortet."

Sei froh, dass Du nicht Ami oder Israeli bist, denn das Einmaschieren ist mitunter leichter als das Rauskommen. Und ich wüsste auch nicht, was Du von alledem zu gewinnen hättest. Sage mir das, damit ich mich bei Dir bedanken kann und weiß, worauf Du im Unterschied zu mir verzichtest. Ansonsten solltest Du dem Schicksal danken, dass Du zuhause bleiben durftest und nicht Beine, Arme oder Leben riskieren musstest.

Nationalisten bilden sich zu gern ein, dass ihnen andere etwas schuldig seien. Aber ich bin Dir nichts schuldig. Allenfalls Ratschläge zum Nachdenken und: Dass ich Nationalisten am Krieg hindere. So läuft das. Und besser für Dich. Also Leuten wie mir.

Anonymer User schrieb: "Wir versuchen es mit Diplomatie nur nicht mehr Lange. Bald wird dort der richtige Krieg anfangen."

Wer ist "Wir"? Zählst Du Dich mit? Dann probiere in diesem Forum, Deine kurdenpolitischen Ziele diplomatisch zu entwickeln. Nur "Sicherheit" und "staatliche Einheit" genügen als Ziele nicht, sondern wäre Stagnation in den Problemem, Drumherum-Gerede = keine Diplomatie.

Anonymer User schrieb: "Die Türkei wird nicht geteilt ... "

Mit solch Spruch bist Du kein Diplomat, sondern Prophet. Auch Propheten irren.

Anonymer User schrieb: "Die Türkei wird nicht geteilt, weil das Land und die dort Lebenden Menschen einsgeworden sind."

Das waren sie vielleicht mal in Momenten, als es gegen äußere Feinde ging. Aber Einigkeiten, die auf Feindschaft beruhen, zerbrechen und setzen sich nur in neuen Feindschaften und Allianzen fort. Darum ist es wichtig, dass sich die Einigigkeit auf positiven Werten gründet. Welche Werte kannst Du nennen, die es zu entwickeln gilt?

Anonymer User schrieb: "Ich verstehe nicht wie man das Land bekämpfen kann wovon man lebt und wo man lebt."

Dann musst Du den "Kämpfern" zuhören. Ihre Gründe für das Töten sind zwar nicht richtig, aber "verstehen" solltest Du sie dennoch, sonst hast Du keine Anknüpfungspunkte für Deine Diplomatie >> www.inidia.de/unverstand.htm

Anonymer User schrieb: "Das wäre ja genauso wie wenn die Türken die hier in Deutschland leben ein Teil von NRW haben möchten und Terror machen."

Irrtum - und solch Unsinn hören wir oft. Unsinn vor allem deshalb, weil die Kurden in der Türkei keine "Zuwanderer" sind. Mit solchen Vergleichen entrechtet der türkische Nationalismus die kurdische Minderheit, macht sie quasi zu "Ausländern".

Unsinn aber auch deshalb, weil Du mit solchen Sprüchen deutsche Ausländerfeindlichkeit provizierst, über die Du Dich dann beklagen würdest.

Anonymer User schrieb: "Diese Thema ist noch viel vile tiefgründiger. Angefangen hat es mit dem 2. Wltkrieg und dem Ausruf des Israels durch den englischen Premier Minister."

Und in China kippte ein Sack Reis um. Es ist der typische Mist des Nationalismus, die inneren Missstände auf auswärtige Dinge zu schieben. Zudem beginnt die Geschichte des osmanischen Nationalismus nicht erst mit dem Ende des 2.Weltkriegs.

Anonymer User schrieb: "Das ist ein Politisches Spiel, aber die Türkei hat es gecheckt und wird dagegen kämpfen."

Auch das ist "typisch nationalistisch", sich in eine weltpolitische Opferrolle zu quasseln und daraus den Nationalismus zu schüren. Um es klarer zu sagen: Ohne Israel, ohne USA, ohne EU hätte die Türkei die gleichen Probleme. Wenn Du geschrieben hättest, dass die Türkei deftiger auftreten würde, wenn es die USA und EU nicht gäbe, dann hättest Du aufrichtiger zum Ausdruck gebracht, dass Du von der türkischen Regierung noch mehr Gewalt im Kurdenkonflikt erwartest.

Anonymer User schrieb: "Hoffentlich findet man trotz der angespannten Lage eine friedliche Lösung auf diplomatischer Eben, was aber sehr schwer zu glauben ist dank der Kooperation des Iraks zur Zeit."

Nein, Du sollst nicht auf die "diplomatische Ebene hoffen", wenn Dir zu ihr außer der Schuldzuweisung an andere (z.B. Irak) nichts einfällt.

Was Du tun kannst: Diplomatische Ziele formulieren und Erdogan helfen, dass er sich nicht von den Nationalisten in ein Kriegsabenteuer treiben lässt, denn dann sterben weit mehr Soldaten als in den vergangenen Wochen. - Ohne dass auch nur eines der Probleme gelöst würde.

Merke Dir einfach den Satz: Die Türkei muss kurdischer werden.

Dazu gibt es keine Alternative, wenn Dir an der Türkei in staatlicher Einheit liegt. Denn die Alternative zu einer kurdischeren Türkei wäre ansonsten die Teilung des Landes.

Grüße von Markus Rabanus >> Diskussion