29 Januar 2008

Die Friedensbewegung hat drei Fronten und mehr

Ich recherchierte vorhin eine Weile, ob die Erstschlagsforderung dieser Ex-Kommandeure weitere Reaktionen oder gar Widerspruch in Politik und Medien zeitigte. Wenig. Einzig die "Junge Welt" nahm sich der Sache kritisch an, allerdings abermals in einer Weise, als hätten Atomwaffengegner ausschließlich mit der NAtO ein Problem.

Ansonsten findet sich bei der Google-Suche "Ersteinsatz von Atomwaffen" auf einem der vorderen Plätzen noch immer die skandalöse Bundestagsdrucksache 14/148, mit der Westerwelle & Co. offen für den Erstschlag plädieren, um die damalige rot-grüne Regierung als innerhalb der NAtO "isoliert" hinzustellen. Das war 1998.

Per Leserbrief antwortete ich auf einen "Junge Welt"-Artikel:

Die Atomwaffengegner haben drei Fronten und mehr

Die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti berichtete am 19. Januar 2008, dass der amtierende Generalstabschef der russischen Streitkräfte, Juri Balujewski, es für "notwendig halte, nötigenfalls zum Schutz der Souveränität Russlands und dessen Verbündeten, einen Präventivschlag mit Atomwaffen auszuüben".

Zwei Tage später kommt RIA Novosti damit heraus, die Erstschlagsstrategie sei "keine Sensation. Der General habe "nur kurz eine Bestimmung der Militärdoktrin Russlands dargelegt, die Anfang 2000 angenommen wurde."
Im Übrigen sei die US-Planung schlimmer, Atomwaffen im Gefechtsfeld einzusetzen. - Was nun schlimmer ist, ob "präventiv" im Gefechtsfeld oder "präventiv" gegen die traditionellen Atomwaffenziele, möchte ich an dieser Stelle nicht erörtern und macht im Hinblick auf den Atomwaffensperrvertrag keinen Unterschied, sondern untergräbt ihn, fällt hinter Gorbatschow zurück, der 1995 einseitig den Verzicht auf den Atomwaffenersteinsatz erklärt hatte.

Wie es um die chinesischen Strategien steht, kann mangels Erklärungen nur spekuliert werden, aber wenigstens das ist China vorwerfbar.

Nordkoreas angeblicher, zumindest angeberisch behaupteter Atomwaffentest zeigte nach Pakistan und zuvor Indien, später auch Libyen, dass Nichtatomwaffenstaaten in Anbetracht der Bedrohung durch die Atomwaffenstaaten oder auch nur aus Gründen regionalen Überlegenheitsstrebens tatsächlich nach Atomwaffen streben.
Das ist keineswegs zu unterschätzen, denn insbesondere im Konflikt zwischen Indien und Pakistan gab es bereits Situationen, in denen sie ihre Arsenale auf Schlagabtausch geschaltet hatten. - Auch Israel und Frankreich drohten verschiedentlich mit "allen Mitteln".

Die Atomwaffengegner haben also reichlich Fronten. Merkel und SPD stehen als Regenten eines Nichtatomwaffenstaates zumindest in der Pflicht, einer Ausweitung der Atomwaffenstrategien zu widersprechen.

23 Januar 2008

K.D. Naumann fordert Atom-Erstschlagsstrategie

Nur wenige werden ihn kennen, aber er gilt als der höchstdekorierte Militär seit dem 2.Weltkrieg: Klaus Dieter Naumann (* 25. Mai 1939 in München) ist General a. D. des Heeres der Bundeswehr, war von 1991 bis 1996 Generalinspekteur der Bundeswehr und hatte von 1996 bis zu seiner Pensionierung 1999 den Vorsitz des NATO-Militärausschusses.

Rente schützt vor Torheit nicht: Naumann und vier andere ehemalige NATO-Kommandeure vertreiben sich die Weile als "Expertengremium" und verfassten einen "Bericht", den die NATO im April diskutieren soll: Es müsse der Ersteinsatz von Atomwaffen "als letztes Instrument zur Verhinderung des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen im Köcher der Eskalation bleiben."

Solche Wünsche stehen im Widerspruch zu Artikel 6 Atomwaffensperrvertrag, der zur totalen Abrüstung aller Atomwaffen verpflichtet, also erst recht verbietet, neue Atomschlagskonzepte zu entwickeln, aber Naumann & Co. sind sich einig: Es gebe "einfach keine realistische Aussicht auf eine atomwaffenfreie Welt"

Diese Strolche empfehlen also den endgültigen Bruch mit dem Atomwaffensperrvertrag.

markus rabanus >> Diskussion