30 September 2007

Myanmar gibt nach?

Die Militär-Junta Myanmars bzw. Birmas gab dem Drängen der Vereinten Nationen nach und ließ gestern den UN-Sondergesandten Ibrahim Gambari einreisen.

Erstaunlicherweise wurde Gambari am heutigen Sonntag ein längeres Gespräch mit der seit 18 Jahren unter Hausarrest stehenden Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi gewährt. Das Treffen wurde in einem Regierungsgästehaus organisiert. Auch wenn solche Gebäude "Ohren haben" dürften, also besser in einer Auslandsbotschaft stattgefunden hätten, ist es eine positive Geste und zeigt, dass der internationale Druck Wirkung zeigt.

Offenbar jedoch fühlen sich nicht alle Staaten in gleicher Pflicht: Während die USA einige Auslandsvermögen von Mitgliedern der Militär-Junta einfroren und die Verschärfung wirtschaftlicher Sanktionen ankündigten, sprach sich der chinesische UN-Botschafter gegen Sanktionen aus, da die innenpolitischen Vorgänge in Birma "keine Gefährdung des Friedens für die Region" bedeute. - Drohender Bürgerkrieg und die Verletzung von Menschenrechten ist der chinesischen Führung noch immer kein Einmischungsgrund? Sicherlich ist es das auch für die Pekinger Regierung, aber sie traut sich so dicht vor dem Glashaus nicht mit Steinen auf Diktaturen zu werfen.
-rabanus-

Frauen-Fußball-WM gewonnen

2 : 0 gegen Brasilien. WELTMEISTERINNEN

Eine ganze WM ohne Gegentreffer - das gab es auch bei den Männer-WM nie. Torfrau Nadine Angerer brach mit 540 Minuten erfolgreich verteidigtem Tor den Rekord des italienischen Torhüters Walter Zenga von 1990.

Und erstmals im Frauenfußball gelang die zweimalige Titelerringung nacheinander.

In der fünften Minute knallte Kerstin Garefrekes den Ball ins Außennetz. Dann wurden die Brasilianerinnen stärker, streckenweise erdrückend überlegen. Die Deutschen hatten Glück, dass ein Schuss in der 24. Minute nur den Pfosten traf.

Mit 0:0 ging es in die Pause. Dann die ZDF-Nachrichten mit den üblichen "News": der CSU-Parteitag beschwört Kontinuität, ...

In der zweiten Halbzeit kombinierten die Spielerinnen von Bundestrainerin Silvia Neid besser und kamen durch Prinz in der 52. Minute zum Führungstreffer. Der Revanche-Druck war stark, aber die Abwehrleistungen steigerten sich.

Die 64. Minute hätte das Blatt zugunsten der Brasilianerinnen wenden können, aber die Weltfußballerin Marta scheiterte mit einem Foulelfmeter an der Nadine Angermann. Das gab der deutschen Elf weiteren Auftrieb. In der 86. Minute köpfte Simone Laudehr einen Eckball ins Tor. Vier Nachspielminuten änderten an diesem Stand nichts mehr. Es brauchte Glück und war im Vergleich zu vorherigen Spielen technisch glanzloser, aber durch Ausdauer und kämpferische Klasse verdient.

Danke an das faire Publikum in Schanghai. Und Gratulation an die Bundestrainerin, die Siegerinnen und den Frauenfußball.

(markus sebastian rabanus)

ps: Die Bundeskanzlerin haderte in München mit den Müttersöhnchen der CSU (=diskussionswürdige These)

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170882824

29 September 2007

CSU: Stoiber, Beckstein, Huber

Nach 14-jähriger Amtszeit als Bayrischer Ministerpräsident hielt Stoiber gestern auf dem CSU-Parteitag seine Abschiedsrede, vergewisserte seine Gemeinde, dass Mütter Mütter sind. Angela Merkel hielt eine Art Laudatio auf ihn, mühte sich, die Delegierten für eine programmatische Modernisierung der Unionsparteien zu werben. Die Kamera schwenkt durch das Plenum. Die Delegierten klatschen teilnahmslos in alter Selbstgefälligkeit.

Bayerns Innenminister und designierter Ministerpräsident Günther Beckstein wurde vom CSU-Parteitag mit 906 von 938 Stimmen zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahlen 2008 gewählt. Er kündigte an, dass es "neue Akzente" geben werde, aber die bisherige Politik fortgesetzt werde. Der Applaus für ihn war frenetisch. Offenbar ist Beckstein für die Jungs in der CSU "der richtige Mann". Hingegen sah sich die Führter Landrätin Gabriele Pauli, die im Frühjahr den Sturz Stoibers einleitete, mit ihrer Kritik an Beckstein angefeindet.

Stunden später: Erwin Huber setzt sich bei der Wahl des CSU-Vorsitzenden mit 58 Prozent der Stimmen gegen Horst Seehofer (39%) und Gabriele Pauli (2,5 %) durch.

Huber galt als Empfehlung Becksteins. (rabanus)

27 September 2007

Bush erpresste die "Allianz der Willigen"

Die spanische Zeitung "El País" veröffentlichte vertrauliche Aufzeichnungen aus Februar 2003, denen zufolge US-Präsident Bush zum damaligen spanischen Regierungschef Aznar gesagt haben soll: „Die Resolution wird so sein, dass sie euch hilft. Mir ist der Inhalt ohnehin ein bisschen egal.“

Und so war es wohl auch, denn auf Aznars Bitte, dass zunächst für den Krieg mehr Regierungen gewonnen werden müssten, soll Bush gesagt haben: „Meine Geduld ist am Ende. Länger als Mitte März werde ich nicht warten. ... Lagos (= Präsident Chiles) sollte wissen, dass unser Freihandelsabkommen mit Chile von der Bestätigung im US-Senat abhängt und dass ein negatives Verhalten bei diesem Thema die Ratifizierung gefährdet.“

Am 20. März 2003 folgten die ersten Luftangriffe auf Bagdad.

Was bewirken solche Meldungen? - Zunächst mal spielen sie im spanischen Wahlkampf eine Rolle, wären ansonsten möglicherweise gar nicht veröffentlicht. Und "veröffentlicht" bedeutet längst nicht, dass nun die gesamte Menschheit davon mitbekäme, denn die Großen im Nachrichtengeschäft lassen es fast unter den Tisch fallen. Und überraschen kann es kaum, denn die "Allianz der Willigen" war eben so peinlich wie ihr Name - ein opportunistischer Haufen von Regierenden, denen die eigene Polit-Karriere auf dem Trittbrett von Bush wichtiger war als das Völkerrecht allemal.

(rabanus) Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170910805

26 September 2007

Während Merkel von "Drohkulisse" quasselte, ...

war der Irak-Krieg längst beschlossene Sache:

„Die Resolution wird so sein, dass sie euch hilft. Mir ist der Inhalt ohnehin ein bisschen egal. ... Staaten wie Mexiko, Angola, Chile und Kamerun sollten wissen, dass die Sicherheit der USA auf dem Spiel steht und sie sich freundschaftlich uns gegenüber verhalten sollten. Lagos sollte wissen, dass unser Freihandelsabkommen mit Chile von der Bestätigung im US-Senat abhängt und dass ein negatives Verhalten bei diesem Thema die Ratifizierung gefährdet.“

So redete George W. Bush über die damaligen nichtständigen Weltsicherheitsratsmitglieder zum damaligen Regierungschef Spaniens Aznar, wie die heutige Ausgabe der Zeitung „El País" aus einem Geheimprotokoll des Februar 2003 veröffentlichte.

Als Aznar bat, dass weitere Regierungen dem Irak-Krieg zustimmen müssten, antwortete Bush: „Meine Geduld ist am Ende. Länger als Mitte März werde ich nicht warten.“

Und am 20.3.2006 ging die Bombardierung Bagdads los.

(rabanus)

GEWALT in Myanmar

Ich hatte noch kommentieren und appellieren wollen, dass die Verantwortlichen für Außenpolitik verschärft gegen gewaltsame Niederschlagung der Proteste drohen, aber der Militärjunta in Rangun brannten mal wieder schneller die Sicherungen durch - und das Morden begann: VIER TOTE und viele Verletzte. Sollen es wieder 3000 werden, wie es 1988 geschah?


Zumindest trat schnell der Weltsicherheitsrat zusammen und verurteilte die Gewalt einhellig.

Und nun? Die Junta verweigert den UN-Inspekteuren die Einreise. Das Inspektionsrecht der UN-Gesandten ist zwar m.E. völkerrechtlich noch nicht hinreichend verankert, was dringend nachgeholt werden müsste, aber wahrscheinlich wiederum nicht geschieht, weil sich die mächtigsten Staaten in ihrer nationalistischen Souveränität nicht beschneiden lassen wollen.

Immer wieder erweist sich die UNO aus solchen Gründen als unfertig und unfähig, völkerrechtsmäßig Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorzubeugen und internationale Standards durchzusetzen. Auf einen "übergesetzlicher Notstand" kann sich nur berufen, wer die fehlenden Gesetzesgrundlagen nicht verschuldet.

Also ist es jetzt wieder an der Zeit. Und die wird wieder verstreichen. (rabanus)

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170960764

Sieben Tote in Nahost

Bei heutigen Luftangriffen Israels gegen den Gaza-Streifen wurden nach Medienberichten sieben mutmaßliche Terroristen in Reaktion auf den anhaltenden Raketenbeschuss palästinensischer Extremisten getötet.
Aller Propaganda von Ruhe und Ordnung zum Trotz hat die Hamas die Radikalen nicht im Griff. Und das wundert nicht, denn sie fällt immer wieder in ihre Rhetorik zurück, die weiteren Terrorismus gegen Israel provoziert. Es wird wahrscheinlicher, dass Israel erneut in den Gaza-Streifen einmarschiert. (rabanus)

22 September 2007

Dalai Lama bei Merkel + China erzürnt

Für den morgigen Sonntag ist ein Besuch des Dalai Lama bei der Bundeskanzlerin geplant. Die chinesische Regierung wettert gegen solche Kontakte bei jeder Gelegenheit, so auch dieses Mal in aller Schärfe.

Die Bundeskanzlerin versucht sich in Beschwichtigungen, lässt verlauten, das es ein "privater Gedankenaustausch" sei.
Das halte ich jedoch für Quatsch, denn solange sie im Amt ist und den Amtssitz dafür nutzt, ist es allemal Politikum. Prompt nimmt die chinesische Kritik darauf Bezug, wirft der Bundeskanzlerin Unglaubwürdigkeit vor.

Richtiger wäre es, wenn der chinesischen Regierung in aller Offenheit erklärt würde: "Es ist bedauerlich, dass wir in Dingen wie Tibet und in der Beurteilung des Dalai Lama unterschiedlicher Meinung sind - und erkennen lassen. Die chinesische Regierung täte gut daran, unter solchen Meinungsverschieden nicht die politischen Verhältnisse leiden zu lassen."

Beschwichtungspolitik (="Appeasement") war/ist hingegen nie zu erreichen, wenn Unglaubwürdigkeit entsteht oder zulasten Dritter geht. (msr)

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170952923

Gedanken zur Dekadenz

Hallo Martin, mal schauen, ob wir zum Begriff der "Dekadenz" ein www.inidia.de/dekadenz.htm haben. - Das ist nicht der Fall.

Ich las mir die unter http://www.merkur-online.de/ veröffentlichten Artikel des aktuellen Merkur-Hefts durch. Mir scheinen sie pseudo- und anti-intellektuell:

a) Der Dekadenzbegriff hatte zwar im Ost-West-Konflikt Hochkonjunktur, wenn beispielsweise vom "verrottenden Imperialismus und dessen Niedergang" Propaganda war, aber war dennoch über alle Geschichte eher ein Kampfbegriff des Konservatismus und Reaktionären.

b) Wenngleich mal der Vorwurf zutreffen mag, dass der Intellektualismus Neigung habe, Dekadenz-Erscheinungen zu dramatisieren und dabei eigene Dekadenz als Ausdruck der Freiheit zu reklamieren, so steht die Welt noch immer und intellektuell höher als in aller früheren Geschichte, was einerseits nicht ausschließt, dass es zeitlich und regional Inseln höherer Moralität gegeben haben mag, andererseits nicht ausschließt, dass die heutige Welt ihren eigenen Politik-Mechanismen zum Opfer fällt.

Mir liegt nicht dagegen, den Intellektualismus verdächtig zu machen, denn das hielte ich für eine ihm gut anstehende Selbstbeschäftigung unter anderen, aber wie ich es auch mit der Verteidigung des "Gutmenschen" halte, so halte ich es auch mit der Verteidigung des Intellektuellen, da mir die Alternativen dazu ungeheuerlicher wären.

Vielleicht ist mein Unbehagen auch dadurch geschürt, dass sich der Merkur mit "Zeitschrift für europäisches Denken" untertitelt, denn jegliches Denken kann darunter nur leiden, wenn es sich unnötig beschränkt.

LG von Markus Rabanus

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=101470954359
Bezug >> aufschreibesystem.blogspot.com/...zum-sonderheft-des-merkurs

20 September 2007

Euro auf Rekordhöhe

wikinews.de 20.09.2007 – Zum ersten Mal seit der Einführung der europäischen Gemeinschaftswährung im Jahr 1999 kostet der Euro heute mehr als 1,40 US-Dollar. Bis zu 1,4017 Dollar wurden am Morgen für einen Euro bezahlt, im weiteren Handel stieg der Kurs sogar auf 1,4064 Dollar – wobei ein weiterer Anstieg nicht ausgeschlossen werden kann. Ausgelöst wurde der Höhenflug des Euro nach Ansicht von Analysten durch die Senkung des US-Leitzinses von 5,25 Prozent auf 4,75 Prozent.
Diese Entscheidung der US-Notenbank, die am Dienstag bekanntgegeben worden war, hatte viele Experten überrascht. Zwar war eine Zinssenkung erwartet worden, jedoch hatten die meisten Börsianer vermutet, dass der Zins nur um 0,25 Prozent gesenkt werden würde. Durch die Zinssenkung in den Vereinigten Staaten verringert sich die Zinsdifferenz zwischen Europa und den Vereinigten Staaten, und Geldanlagen in Dollar verlieren gegenüber Anlagen in Euro an Attraktivität. Der starke Euro macht zwar Reisen in die Vereinigten Staaten billiger, andererseits aber verteuern sich europäische Exporte, die von vielen Ländern der Welt in Dollar bezahlt werden. Hierdurch könnte das Wirtschaftswachstum in der Europäischen Gemeinschaft und insbesondere in der stark exportorientierten deutschen Wirtschaft beeinträchtigt werden.

KOMMENTAR

Mag ja sein, dass der hohe Euro-Kurs nachteilig für die Exportwirtschaft ist, aber eigentlich müsste er gut für die Importwirtschaft und Binnenkonjunktur im Euro-Raum sein, zumal die Energiekosten und viele Einfuhren noch immer auf dem Dollar basieren. - Also mal drauf achten, was an den Tankstellen, beim Heizöl, Erdgas und Strompreisen passiert. -msr-

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170966978

Irak: Bittere Momentaufnahme


Eine bittere Zwischenbilanz zur US-Politik im Irak zeigt die Umfrage von http://www.worldpublicopinion.org/ :
"71 Prozent der Iraker befürworten den Rückzug der ausländischen Streitkräfte in Jahresfrist, 61 Prozent befürworten sogar Angriffe auf die US-Streitkräfte"
Unter Berücksichtigung, dass die Studie in den kurdischen Bevölkerungsteilen eine erheblich bessere Stimmung für die Anwesenheit der US-Streitkräfte ermittelte, stellt sich die Lage für die US-Soldaten in den von Nichtkurden majorisierten Gebieten geradezu verheerend dar.

Anfang Juli hatte auch das US-Verteidigungsministerium eine Umfrage durchführen lassen. Deren Ergebnisse scheinen so schlecht, dass sie von offiziellen Stellen bislang nicht publiziert wurden. Nur durch undichte Stellen geriet an die WashingtonPost, dass sich "65 Prozent der Iraker für den sofortigen US-Truppenabzug" aussprachen.

All diese Zahlen weisen zudem noch eine negative Tendenz gegenüber früheren Umfragen aus.

Was soll den Stimmungsumschwung bringen?

US-Präsident Bush ist mit seinem völkerrechtlichen Militär-Interventionismus dramatisch gescheitert. Zum Nachteil der Menschen im Irak. Und auch zum Nachteil US-Amerikas.

-rabanus-

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170971058

türk. Gericht will YouTube sperren

-msr- Ein türkisches Gericht will Internetzugang zu YouTube sperren lassen, weil dort Atatürk und Erdogan beleidigt würden.
Den Konjunktiv dieser Meldung braucht es eigentlich nicht, denn Beleidigungen sind insbesondere in der Anonymität des Internet an der Tagesordnung. Und die Widerlichkeit der gegenseitigen Beschimpfungen von türkischen und kurdischen Nationalisten kennen wir aus unseren eigenen Foren, also Umgangsweisen, die sich auf keinen Fall im praktischen Leben bewähren könnten.
Andererseits ist gerade wegen der Anonymität die Unseriösität böswilliger Äußerungen so offensichtlich, dass es eher kontraproduktiv ist, wenn der Staat sich mit Zensurmaßnahmen gegen das Internet probiert - anstatt durch eine Politik der Verständigung dem Extremismus den Boden zu entziehen.

18 September 2007

Meisners Theokratismus

Da titelt die Welt-Online : "Ein Kardinal im Fokus der Wortpolizei"

- und Autor Paul Badde fragt seine Leser, ob Meisner von "Entartung" reden durfte. Badde lässt nicht lang auf die Antwort warten, denn Meisner sei nicht Bundeskanzler sei, und "ein Bischof muss anders sprechen dürfen als alle Politiker".

Man hört eigentlich nie "alle Politiker" auf gleiche Weise sprechen, so dass sich Baddes Maßstab nicht auf Anhieb erhellt, aber vielleicht klärt er das noch: "Worte wie „Kraft“, „Freude“, „Glaube“, „Schönheit“, „Schock“, „Schöpfung“ oder etwa „entartet“ dürfen nicht auf ewig durch die Nazis ... als beschlagnahmt gelten."

Das glaube ich Herrn Badde nicht, dass er "Kraft, Schönheit" usw. für "beschlagnahmt" hält. Stattdessen reiht er auf die dumme Tour das Wort "Entartung" ein, obwohl das eigentlich besser in eine Reihe mit "Herrenrasse, Untermenschen" passt, aber so viel Freiheit vor "Beschlagnahme" und "Wortpolizei" traute sich wohl auch Badde dem Leser nicht zu empfehlen.

Ausgerechnet in einer Kulturdebatte den scheulosen Umgang mit nationalsozialistisch Begriffen zu bewerben, ist schon Zumutung genüge, aber Ablenkung zugleich, denn es geht um keine bloß begriffliche Formalität, sondern um Meisners Anmaßung, der Kultur ohne Gottesverehrung den Wert abgesprochen zu haben.

Kontinuität des Theokratismus

Solch Predigt ist nicht neu, auch keine Erfindung der Nazis, vielmehr satteln auch sie darauf, denn es ist eine bittere Kontinuität, die alle Kirchengeschichte begleitete, mit theokratischen Entartungsunterstellungen aggressive Gefolgschaften zu formieren.

Was ist "entartete Kultur" überhaupt?

Picassos "Guernica", weil "abgekoppelt von Gottesverehrung"? Oder umgekehrt die Kultur, wie sie Gott verehrend Scheiterhaufen entflammte.
Das war "Entartung"(!), namentlich von christlicher Kultur der Barmherzigkeit, Gnade, Nächstenliebe.
Solch religiöser Wahn ist vielfach überwunden, aber doch wieder nicht, solange die Unterscheidung in Gutes oder Schlechtes an Gottesverehrung oder Gottlosigkeit "gekoppelt" wird.

Ich empfehle Herrn Meisner für künftig theologisch zutreffendere Urteile folgenden Trick: Gläubige sollen weniger darauf geben, was im Namen der Gottesverehrung geschieht, sondern mehr überlegen, was "gottgefällig" ist, denn das kann ganz anderes sein als das, was die lauthalsen Gottesverehrer treiben.

(rabanus) Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170997376

Der "übergesetzliche Notstand"?

Überzeugung und Vertretungsauftrag

Morgen sind die Äußerungen Jungs Thema der "Aktuellen Stunde" im Bundestag. Man kann nur hoffen, dass Jung entweder widerruft oder abberufen wird.

Zur Klarstellung:

1. Wenn Jung gesagt hätte, dass er sich eine Rechtsgrundlage für seine Abschuss-Phantasien wünschen würde, so könnte er im Amt verbleiben, denn ich halte es für ganz gewöhnlich, dass man als Vertreter andere Vorstellungen hat als die Vertretenen. Aber der Vertreter darf halt nicht in einer Weise entscheiden, zu der er seitens der Vertretenen nicht berechtigt ist. Und das darf er auch nicht ankündigen. Er tat es dennoch - und das wäre in jedem normalen Vertretungsverhältnis ein Grund für die fristlose Kündigung.

2. Wenn Jung und einige andere spekulieren, dass sie unter Berufung auf den "übergesetzlichen Notstand" gegen das Gesetz verstoßen dürften, dann ist es ihnen spätestens jetzt durch die öffentliche Debatte so sehr bestritten, dass sie Jung & Co. ihre Auffassung dem Bundesverfassungsgericht als Frage vorlegen müssen. Tun sie das nicht, obwohl Zeit und ihnen genug Veranlassung dazu ist, dann wäre jede Berufung auf den "übergesetzlichen Notstand" zusätzlich rechtswidrig, denn Notstände taugen nur dann als Rechtfertigungsgrund für denjenigen, der sie nicht selbst schuldhaft herbeiführt.
Darum ist übrigens in Gänze umstritten, ob sich staatliche Stellen überhaupt auf "Rechtsnotstände" (=ein Recht fehlt) oder "übergesetzliche Notstände" (=gegen Recht wird verstoßen) berufen können, wenn nämlich unterlassen wurde, ein geeignetes Gesetz zu schaffen.

All das dürfte dem promovierten Juristen und Verteidigungsminister vollends bewusst sein. Dass er dennoch wagt, uns auf seinen Ankündigungen sitzen zu lassen, gibt ein Zeugnis dafür, wie rechtsfremd und dreist Politiker auch in höchsten Ämtern sein können.

-rabanus-

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170989889

Jung kündigt Verfassungsbruch an

Unter http://justizwoche.blogspot.com/2006_02_01_archive.html findet sich die Presseerklärung des Bundesverfassungsgerichts dokumentiert, warum der Abschuss entführter Passagierflugzeuge mit der Verfassung unvereinbar ist.
Darin heißt es u.a.: "Unter der Geltung des Art. 1 Abs. 1 GG (Menschenwürdegarantie) ist es schlechterdings unvorstellbar, auf der Grundlage einer gesetzlichen Ermächtigung unschuldige Menschen, die sich in einer derart hilflosenLage befinden, vorsätzlich zu töten."

Die Entscheidung des höchsten Gerichts Deutschlands berücksichtigt alle Fallkonstellationen, die von Jung für seine Abschussforderung geltend gemacht werden. Da bleibt keine Regelungslücke, die einem Handeln im Wege des "übergesetzlichen Notstandes" Raum lassen könnte.

Dass der Bundesverteidigungsminister behauptet, die höchstrichterlich vollständig logisch gezogene Grundrechtsgrenze im Wege einer Verfassungsänderung oder auch ohne Verfassungsänderung im Wege des "übergesetzlichen Notstandes" übertreten zu dürfen, ist von einer beispiellosen Dreistigkeit - zumindest für die deutsche Nachkriegsgeschichte.

Wenn Jung glaubt, dass er sein Amt nicht auf dem Boden der Verfassung führen kann, dann muss er zurücktreten.
Wenn Jung glaubt, dass er sein Amt gegen die Verfassung führen dürfe, dann muss er abgesetzt werden.

Vorrangig die Bundeskanzlerin steht in der Pflicht, die Situation zu klären. Tut sie das nicht, müssen die anderen Verfassungsorgane gegen die Bundesregierung Klage erheben. (msr)

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170989889

17 September 2007

Streng christlicher Mord?

Das Lübecker Landgericht verurteilte einen Sohnesmörder zu lebenslänglicher Haftstrafe. Der pensionierte Bundespolizeibeamte und Vater von zwölf Kindern hatte seinen 22-jährigen Sohn nach möglicherweise gegenseitigen Tätlichkeiten wegen dessen Ankündigung, Kontakte zu "Jungfrauen" aufzunehmen, hinterrücks mit einem Küchenmesser erstochen.

Zahlreiche Medien bezeichneten den Täter als "streng gläubigen Christen". Das mag zwar dem Selbstverständnis solcher Leute entsprechen, aber da der biblische Jesus für solche Gewalttat kein Plädoyer gab, halte ich die Bezeichnung "streng christlich" für eine Beschönigung. Vielleicht tut man sich schwer, solche Täter als "religiös pervertiert" zu bezeichnen. (msr)

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170997116

16 September 2007

Struck pöbelt mal wieder

Seit er in die Welt posaunte, dass Deutschland am Hindukusch verteidigt werden müsse, sähe ich Struck lieber in der Hartz-Warteschlange als in der Politik.

Aber den Gefallen tut er uns nicht. Stattdessen pöbelt er gegen den Parteitag der Grünen, auf dem man sich nicht einig wurde, ob Tornados in der militärischen Sackgasse Afghanistans dem Wohl der Menschen dienen oder gegen die Intervention verdrießen.

-msr-

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100171001664

Meisner, der Taliban vom Kölner Dom

Der Kölner Erzbischof Kardinal Joachim Meisner predigte: "Dort, wo die Kultur vom Kultus, von der Gottesverehrung abgekoppelt wird, erstarrt der Kultus im Ritualismus und die Kultur entartet."

Meisner erntet Kritik, Meisner fühlt sich "unverstanden". Nein, Herr Meisner, Sie werden exakt verstanden. Und Sie verstehen nicht, dass Ihre Rhetorik inakzeptabel ist? - Wenn ich Ihnen das glauben soll, dann sollten Sie abtreten.

-msr-

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100170997376

14 September 2007

Messerstecher gefasst

Die Polizei fasste am gestrigen Abend den Mann, der vor einer Woche in Frankfurt a.M. einen 42-jährigen Rabbiner mit einem Taschenmesserstich in den Bauch verletzt hatte. Der 22-jährige Täter stammt aus Afghansitan, gestand die Tat und versucht es mit Notwehr-Ausreden, denn er habe sich dem Rabbiner im Streit körperlich unterlegen gefühlt gehabt und deshalb zum Messer gegriffen. - Äußerst schlechte Idee. Nun würde mich interessieren, wie lange er in Deutschland lebt, ob er eine Schule besuchte - und warum er nicht lernte, dass in Zivilgesellschaften Streitigkeiten gewaltlos, insbesondere unbewaffnet auszutragen sind.

Aber die Weltstimmung ist polarisiert genug, dass einige glauben: "Solange die sogenannten Zivilgesellschaften ihre Streitigkeiten mit den überhaupt schlimmsten Waffen austragen, werde ich meine Streitigkeiten mit dem Taschenmesser regeln dürfen."

Wer Unrecht kennt, tut gut, wenn er es benennt und hemmt, aber nicht, wenn er Unrecht durch eigenes Unrecht vermehrt.

-msr-

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100171022722

13 September 2007

Russland prahlt mit Vakuumbombe

Russland prahlt mal wieder mit Zerstörungsmitteln. War es zunächst die neue Interkontinentalrakete, die jede Abwehr durchbreche und zielgenauer sei, war es dann die überragende Raketenabwehrrakete, ist es nun eine sieben Tonnen schwere Vakuumbombe, die viermal stärker sei als die "Motherbomb", wie sie die Amis im Irak einsetzten, aber Wettrüsten sei es nicht, nur einer Atombombe vergleichbar, denn sie strahle solch Extremhitze aus, dass alles verbrenne. - Fernsehbilder, der Bomber startet, öffnet die Klappe, das Ding fällt heraus, explodiert, Flammeninferno, ein Gebäude kollabiert. Fein gemacht, Mr.Putin! Al Kaida wäre stolz darauf, aber die Militärs und Politiker der Supermächte sind es nicht minder. - Und viele der kleineren Staaten möchten es auch.

Derweil fanden norwegischer Wissenschaftler heraus, dass die Elche durch Rülpsen zur Erderwärmung beitragen. Alljährlich pro Elch wie ein Hin- und Rückflug von Oslo nach Santiago de Chile. - Mit dem Jumbo? Schade, dass mir die Mittel fehlen, denn solch "Elchtest" fehlt noch fürs weltweite Militär. (msr)

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100171040122

12 September 2007

11.9. Welttag des Terrorismus?


Verschwörer und Vertuscher

Im ZDF lief eine Doku zum 11.9.2001 und den Verschwörungstheorien: "Keine Leichen, keine Trümmerteile, Explosionen in unteren Geschossen des WTC, ..." - endlos ist die Liste der "Ungereimtheiten", die zu ebenso endlosen Zerrbildern der Geschehnisse beliebig zusammen gereimt werden, dabei die Widersprüche zwischen den diversen Verschwörungsvorwürfen und zur Faktenlage ignorieren: Vorab, dass es Leute gibt, die "den Westen" so abgrundtief hassen, dass sie Anschläge planen und durchführen, also die eigentlichen Verschwörer sind. Ignoriert wird auch, dass Leichenteile gefunden, identifiziert, den Angehörigen zur Bestattung gegeben wurden, ausgenommen die Leichenteile der mutmaßlichen Terroristen - einbehalten durch die Behörden; ähnlich mit den Trümmerteilen. Und schaut man sich die vermeintlichen "Explosionen in den Untergeschossen" an, so sehe ich dort kein Nachgeben der Struktur, so dass die Mutmaßung des interviewten Feuerwehrmannes zutreffender scheint, es habe sich um Staub-Austritte gehandelt.
Überhaupt würde verblüffen, wenn damals oder heute solch hohe Gebäude errichtet wurden/werden, die tatsächlich gegen Kollisionen mit Flugzeugen solcher Größe resistent wären, wie die "unsinkbare Titanic", sonst finden sich keine Mieter und Passagiere.

Letztlich gipfeln bzw. fußen ("") alle Verschwörungsvorwürfe darin/darauf, dass die Regierung Fakten zurückhalte. Tja, ärgerlich, unverschämt, unrechtens ist es, dass Fakten zurückgehalten werden. Das ZDF erhielt keine Drehgenehmigung, weil der Bericht nicht im Interesse des Pentagon sei usw.

So bleibt die Faktenlage dürftig, weil die Bush-Regierung, die US-Geheimdienste und auch die Funktionäre von involvierten Privatunternehmen ihre komplexen Versagensmomente nicht zugeben mögen, z.B. die Hafenbehörde von Manhatten, auf deren Gelände das WTC ohne ausreichenden Brandschutz an den Stahlverbindern errichtet war und diese Mängel trotz Expertisen nicht behob; z.B. die US-Regierung, die durch ihre Fixierung auf den gewollten "Regime Change" im Irak keine Aufmerksamkeit für Terrorhinweise zollte.

Zudem die Instrumentalisierung der Terroranschläge für eine Politik der Gewalt (bzw. "Gegengewalt"), die in zwei Staaten zweifelsfrei verbrecherische Regierungen beseitigte, allerdings auf völkerrechtswidrige Weise.

Gestern bei Maischberger

Terror ist blutig, Terror ist spannend. Da lässt sich "talken". Zu Gast bei Maischberger waren Schäuble, Cohn-Bendit, Angehörige von Terroranschlägen und die Ehefrau des Terroristen "Carlos", wie sie in die Terrorszene kam. Tja, die Solidarität überschritt halt die Grenzen der Vernunft, aber Böses wollte eigentlich niemand. Ein Buch schrieb sie darüber. Auch das soll sein. Vielleicht öffnet es einigen die Augen über die Macken derer, denen die Macken anderer das Töten wert ist - eben die Macken auf Gegenseitigkeit. Präsentiert wurden mal wieder die prickelnden Videos vom 11.9. und einige andere Highlights der "globalen Herausforderung durch den Terrorismus". Und das "Bekennerschreiben" zu den drei gefassten Sauerländern? Schäuble hält es für "glaubwürdig". Klar, nun bekommen wir nach jeder Festnahme gleich die komplette Planung aufgetischt. Das ist zwar schlecht für die festgenommenen Burschen, quasi Geständnisse auf Umwegen. Nun brauchen sie nur noch zu unterschreiben. Schäuble dementiert, dass er Konvertiten überwachen will, allenfalls zu häufige Flüge in pakistanische Terror-Camps. Ja, wenn er das eine lässt und das andere kann, dann kann man eigentlich keine Einwände haben. Hat Cohn-Bendit auch nicht, aber bestreitet vorsorglich, wie auch er sein möchte, dass Schäuble rechtmäßige Wege beschreitet. Konkret wird da wenig bei beiden. So endet es bei Maischberger, wie sie es stets enden lässt, dass es noch viel Diskussionbedarf gibt, aber die Sendezeit ...

Die Nachrichten des Tages

Die diesjährigen Gedenkfeiern zum 11.9. wollte der NY-Bürgermeister nicht mehr am "Ground Zero" zelebrieren. Dort wird gebaut. Das machte die Trauernden sauer. So zogen sie dennoch dorthin. Sauer ist man auch darauf, dass die Helfer des 11.9. bislang ohne Entschädigung blieben, obwohl viele von ihnen durch die Gifte schwere Gesundheitsschäden leiden. - Es gab Soli-Konzerte, weltweit wurden viele Milliarden für die Angehörigen der Opfer des 11.9. gesammelt. An die Helden dieses Tages dachte man nicht? Und was stellt man sich vor? Gibt es keine Rente für Feuerwehrleute, bei denen sich das Berufsrisiko realisiert? So bleiben die "News" mal wieder substanzlos.

Der 11.9.2007 ist vorbei. Es gab reichlich Rückblick. Terrorthematik auf allen Kanälen. Und passend zur Woche: In den USA die Debatte zum Irak-Krieg. Am Donnerstag wird George W. Bush sagen, dass es noch ein bisschen dauern wird. - Über seine Amtszeit hinaus. Denn Kriege lassen sich schneller erklären als sie zu gewinnen sind. Auch das war anders versprochen.

-rabanus-

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100171040525

03 September 2007

Pisherman Schäuble

Stell' Dir vor, jemand glaubt, Du seist Terrorist. Du schaust in Dein Mail-Fach und findest darin ... eine Message vom Wolfgang S., Bundesinnenminister. Was mag er von Dir wollen?

Aus der öffentlichen Debatte um die christdemokratischen Vorstellungen vom Islam im Bundle mit Osama Bin Laden weißt Du: Das könnte ein TROJANER sein!!! Doch ich warne Dich vor Hysterie, oder bildest Du Dir ein, dass ausgerechnet Du zu den pro Jahr maximal zehn Auserwählten gehörst, bei denen Schäuble wissen will, was sie auf der Platte haben? Stattdessen sei froh, dass er für seine gezielten Todesschüsse ohne Notwehr bislang noch keine Mehrheit fand, obwohl er doch nur in ganz extremen Fällen davon Gebrauch machen möchte. Gewiss, auch das kann sich ändern. Alles kann sich ändern. Nach dem nächsten Attentat.

Was also tun mit der E-Mail vom Schäuble? Öffnen, Trojaner kassieren? Nein, so blöd willst Du nicht sein. Aber vielleicht, wenn die Mail von Ute kommt? Vielleicht mag sie Dich wirklich? Oder ist Ute ein Knut vom Verfassungsschutz? Du fühlst Dich unwohl? Hast kein Vertrauen? Ja, traust Du denn unserem Innenminister nicht? Dann bist Du womöglich ein Extremist? Nun hab' Dich nicht so, überwinde den inneren Schweinehund, sei kooperativ und öffne die Mails, wie sie kommen.

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Hallo Herr Schäuble,

es scheint eine Berufskrankheit von Innenministern, dass sie ihren Geheim-Apparaten mehr vertrauen als auf die Transparenz und damit Rechtlichkeit staatlichen Handelns, denn es ist nun mal so, dass auch Sie bei bestem Willen meine Rechte nicht wahren können, wenn Sie mir das Recht absprechen, mich zu kennen, ob ich meinem Staat als Problem oder brav erscheine.

Ganz egal, ob Sie auf meinem Computer die Post lesen möchten oder nicht, sollen Sie Sicherheit schaffen, dass ich spätestens nach fünf Jahren erfahren würde, wenn und was mich in welches Raster brachte, welche Infos in welche Datenbanken kamen, wer Auskunft verlangte, wie sie lautete und schließlich auch, warum es nicht zur Anklage kam - mit Verteidigungsmöglichkeiten.
Oder sind Sie inzwischen so verirrt, dass Sie die Ausspähung lauterer (=laut und redlich) Bürger für keine Missetat halten, die Persönlichkeitsrechte verletzt?

Sie reden sich mir nicht damit heraus, dass die geheime Schnüffelei nur die übelsten Attentäter treffe, denn exakt auch denen stünde zu, dass man ihnen falsches Treiben aufzeigt, anzeigt und Verteidigung gewährt, damit die geheime Schnüffelei keine Lizenz zum Lügen wird.

Selbstverständlich gibt es auch in Geheimdiensten ehrliche Leute, aber zur Unwahrheit wird provoziert, wenn Geheimdienstler ohne Risiko sind, dass ihren "Erkenntnissen" nicht irgendwann von denjenigen widersprochen werden kann, die es betraf.

Allgemeine Erfahrung ist es, dass wer sich im Kleinen mit Lügen sein kleines Geld verdient, es auch gern im Großen tut. Und da wird es dann wirklich gefährlich, wie es der Irak-Krieg zeigte. Da machten Sie mit, als Sie für die "Drohkulisse" schwärmten, obwohl am Schuldvorwurf aus den geheimen Diensten nichts stimmte. Nichts draus gelernt? Oder immer gewusst? Beides würde Sie für jedes Regieren disqualifizieren.

Herr Schäuble, wenn Sie den Bürgern die innere Sicherheit davon versprechen, dass Sie die Rechtssicherheit gegen unlauteres Staatshandeln nehmen, dann sind Sie das Sicherheitsrisiko, nicht für die Festplatten von Terroristen, sondern für den Bestand der Bundesrepublik Deutschland als Rechtsstaat.

Ohne die Zustimmung im Kabinett, in Ihrer Partei und bei den Wählern, könnte aus Ihren Vorstellungen nichts werden, aber keines Menschen Schuld kann sich durch die Mitschuld anderer verkleinern, sondern vergrößert sich im Zusammentun. Und der Zeitgeist taugt als Ausrede schlecht, je öfter sich in der Geschichte solch Zeitgeist breit machte und auf die Geheimpolizei setzte.

markus sebastian rabanus

Diskussion >> http://52931.rapidforum.com/topic=100171119926

01 September 2007

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