23 August 2008

Lernen aus dem Georgien-Konflikt

Kritik, "Verurteilung" und "Bestrafung"

Georgiens Militäroffensive in der Nacht vom 08.08.08 zwecks "Repatriierung" des von Abtrünnigen und Russland beherrschten Südossetien beurteilte ich als unverantwortlich gegenüber der Zivilbevölkerung und als schuldhafte Gefährdung des Weltfriedens - http://georgien-konflikt.blogspot.com

Dass dieser Krieg durch Russland "provoziert" worden sei, lässt sich zwar jahrelang schon allein anhand russischer Regierungserklärungen ablesen, rechtfertigt jedoch keine Konflikt-Eskalation und erst recht keinen Krieg.

Folglich sind die Solidaritätsbekundungen und in Aussicht gestellte NATO-Mitgliedschaft für Georgien bei gleichzeitiger "Verurteilung Russlands" seitens der NATO, EU und dt. Bundesregierung eine inakzeptable Parteinahme für die kriegsverbrecherische Regierung Georgiens.

Moskau wirft der NATO zurecht zweierlei Maß vor, auch wenn die NATO-Staaten die Vergleichbarkeiten von Kosovo-Konflikt und Georgien-Konflikt leugnen, aber jeden Separatismus verdeckt oder offen militärisch unterstützen, sobald dieser eine Ausweitung der NATO-Macht zu bewirken verspricht.

Es "liegt zwar jeder Fall anders", aber auch die Einzelfallgerechtigkeit stellt sich nur her, wenn die NATO endlich ihre Maßstäbe definiert, nach denen sie die Fälle verallgemeinerbar beurteilt sehen möchte. Ohne rechtliche Standards bleibt auch die NATO-Politik Barbarei, Machtpolitik und völkerrechtswidrig, mitsamt der Tendenz zur Fortsetzung bzw. Wiederbelebung des Kalten Kriegs gegenüber Russland.

Dennoch bedarf Moskaus Georgien-Politik der Verurteilung durch die Weltöffentlichkeit und die Vereinten Nationen, die es allemal auch auf ein Veto Russlands im Weltsicherheitsrat ankommen lassen sollten.

Im Unterschied zu Merkels und Steinmeiers Erklärungen sehe die russische Kriegführung als völkerrechtlich gerechtfertigt an, soweit sie zur Verteidigung bzw. Wiederherstellung des Status quo ante erforderlich war, denn Georgien wäre mit Bitten nicht zum Rückzug bewegt worden, sondern hätte seitens der NATO wahrscheinlich noch Rückendeckung bekommen.

Aber Verteidigung ist Verteidigung, nicht aber "Bestrafung", zu der sich der russische Präsident Medwedew mehrfach in Ansprachen berufen anmaßte und die russischen Truppen auf georgisches Kerngebiet vordringen ließ, dort Wohnbezirke aus der Luft und mit Panzern unter Beschuss nahm, den Freischärlern der Separatisten Rückdeckung für Plünderungen und Brandschatzung militärischen Schutz bot.

Moskau und alle Welt sollen lernen, dass "Bestrafung" durch Regierungen überhaupt nicht sein darf, sondern Sache unabhängiger Gerichte zu sein hat, die rechtliches Gehör und Verteidigung gewährleisten, Urteile sprechen. Und nur dann dürfen Staaten "Strafen vollstrecken". Alles andere ist Barbarei, denn auch für das "Völkergewohnheitsrecht" kann nichts anderes gelten als für jedes andere Gewohnheitsrecht: Schlechte Gewohnheit ist keine Rechtsgrundlage. Das ist die herrschende Meinung in der Rechtswissenschaft, auch unter den Völkerrechtlern.

Was sollte Urteilstenor sein?

Im Urteil müsste Moskau zumindest den Schaden ersetzen, der militärisch oder unter dem Schutz der russischen Militärs Zivilisten zugefügt wurde. Einschließlich Rentenzahlungen für Versehrte und Hinterbliebene von getöteten Zivilisten.
Um die Schäden zu ermitteln braucht es völkergerichtliche Untersuchungen und die fallweise Entscheidung, wenn die russische Regierung nicht ihrerseits die Einzelfälle außergerichtlich und gütlich mit den Geschädigten zu regeln versteht.
Russland muss auch für die Morde und Schäden durch die Freischärler haften, wenn diese nicht zu ermitteln sind, denn auch dafür trägt Moskau die Verantwortung, dass solche Horden auf dem Trittbrett der russischen Mega-Militärs mitfahren konnten oder hätte sie in die militärische Disziplin der russischen Streitmacht nehmen müssen.

Im Urteil gegen Georgien müsste über Zivilopferentschädigung hinaus auch für getötete Militärs gehaftet werden, sonst würden Aggressor und Überfallener unzulässig gleichbehandelt.

Zum Unterschied zwischen Reparationen und Bestrafung

Erst Reparationen machen die Kriege so teuer, wie die Kriege teuer sind und tunlichst denjenigen, die sie verschulden. Die Kosten des Krieges lassen sich eben nicht nur nach den Haushaltszahlen für Militärisches beziffern, sondern weit mehr an den militärischen Wirkungen.

Weil aber Krieg keine "Betriebsunfälle" sind oder sonst wie Resultat einer "Außerachtlassung von Sorgfaltspflichten", sondern geplante und durchgeführte Verbrechen im Großmaßstab, wenngleich die Kriegsrealität den Kriegsplanungen nie entsprechen, muss dafür über Reparationen und Schadensersatz hinaus erst recht auch "Bestrafung" sein, denn bestraft würde in zivilen Rechtsordnungen oft auch schon für bloße Fahrlässigkeit.

Die Weltpolitik darf nicht weniger zivil sein als die Politik in jedem halbwegs zivil geordneten Staat.

Wie sollte die Strafe (möglich) sein?

Wenn Kriegsverbrecher greifbar sind, kommen sie mittlerweile von Tribunale, z.B. vor den Internationalen Strafgerichtshof. Dort werden sie verurteilt. Gegebenenfalls lebenslänglich.

Greifbar sind Kriegsverbrecher nur dann, wenn sie nicht wie bspw. George W. Bush, Tony Blair und Wladimir Putin den Schutz ihrer Regimes und Bevölkerungen genießen, sondern in ausreichende Ungnade gefallen und in die Hände ihrer Widersacher, wenn diese sie nicht ermorden, sondern vor ein Gericht stellen wollen.

Die Bevölkerungen solcher Kriegsverbrecher wird stets Neigung haben, ihre Kriegsverbrecher gegen Verurteilung und Bestrafung zu schützen, denn zu groß wäre ihnen die Sorge, für Regierungsverbrechen mithaften zu müssen, aber zur Haftung für "Organe" gibt es nun mal keine vernünftige Alternative, schon nicht im gewöhnlichen Recht und deshalb tunlichst auch nicht im Völkerrecht.

Solche Erkenntnis- und Entwicklungsprozesse sind mühsam, werden sich nicht erzwingen oder umgehen lassen. Und deshalb bleiben mir Leute wie Bush, Putin, Saakaschwili weiterhin in Berlin "Willkommen", wenngleich weniger herzlich, aber aus diplomatischen Gründen: "Allemal Willkommen!" - denn wir müssen reden.

Wenn also Kriegsverbrecher aus Gründen ihrer Macht nicht zu greifen sind oder die Ergreifung nicht zur Eindämmung von Konflikten dienlich wäre, dann muss anstelle von Bestrafung die Aufforderung an die Regierten sein, dass sie gefälligst ihre Regierungen abzuwählen und durch welche zu ersetzen, die Recht schaffen und achten.

Diese Aufforderung muss vorerst auch uns Deutschen gelten, denn Merkel und Steinmeier wollen sich nicht davon überzeugen lassen, dass auch die internationale Politik an Recht gebunden sein muss, sondern wollen weiterhin mit dem Kriegsverbrecher Saakaschwili kollaborieren.
Und wäre dem nicht so, so wäre Saakaschwili mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht erst zum Kriegsverbrecher geworden. Menschen würden leben, die nun zu begraben sind.

-markus rabanus- >> Diskussion

Wie sinnvoll ist das "C" von CDU und CSU ?

Das "C" steht für christlich, aber die Christen in der CDU/CSU sind vermutlich von kaum besser als die parteilosen Christen und Christen anderer Parteien.

Das "C" ist Anspruch und Verpflichtung.
Menschen, die einen solchen Anspruch geltend machen, sollten sich immer daran messen und erinnern lassen.
z.B.: Würde sich Jesus in einen Bomber setzen?

Wem "christliche Politik machen" als Anspruch zu hoch ist, weil "ohne Schwert" keine Politik zu machen ist, wie es auch mir scheint, soll solche/seine Politik dann aber nicht "christlich" nennen. Das bliebe Etikettenschwindel und auch aus religiöser Sicht Missbrauch des Gottesbezugs (siehe 1.Gebot).

Zum "C" gehört auch die Frage, ob eine Volkspartei überhaupt konfessionell definiert sein soll - oder man müsste überlegen, wie zu gewährleisten ist, dass eine "M"-Partei (=Muslim-Partei) politisch nicht automatisch konkurriert, sondern kooperiert. Was würden die CDU-Mitglieder meinen, wenn sich eine "Muslim-Partei" etabliert? Wie würden sich Christen fühlen, wenn sie einer Muslim-Partei beitreten sollen? Wie fühlen sich Muslime, die der "C"-Union beitreten sollen?

Wer hat Sensibilität für solche Fragen? Es braucht sie. Sonst klappt keine Integrationspolitik.

Mit anderen Worten: Ich halte es im Sinne des Christentums nicht für wünschenswert, dass sich Parteien, die allerlei Schnödem verpflichtet sind und für Machtkämpfe und Raketen stehen, religiöse Titel bemühen.
Und ich halte religiöse Bezeichnungen auch nicht für vereinbar/konsequent mit der erforderlichen Säkularität des Staates.

Vereine mögen so heißen, aber nicht Parteien, deren Selbstvertändnisse und verfassungsgebotene Rolle dem säkularen Staat verpflichtet sind.

Die Menschheit lernte in den letzten Jahrzehnten viel hinzu. Auch wir Deutschen lernten dazu. So sollte man die Kraft haben, sich von lieb gemeinten Gewohnheiten zu verabschieden, wenn sie so lieb gar nicht sind, sondern unnötig die Gesellschaft spalten.

-markus rabanus-2001/2008 >> Diskussionen