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28 September 2009

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23 August 2008

Lernen aus dem Georgien-Konflikt

Kritik, "Verurteilung" und "Bestrafung"

Georgiens Militäroffensive in der Nacht vom 08.08.08 zwecks "Repatriierung" des von Abtrünnigen und Russland beherrschten Südossetien beurteilte ich als unverantwortlich gegenüber der Zivilbevölkerung und als schuldhafte Gefährdung des Weltfriedens - http://georgien-konflikt.blogspot.com

Dass dieser Krieg durch Russland "provoziert" worden sei, lässt sich zwar jahrelang schon allein anhand russischer Regierungserklärungen ablesen, rechtfertigt jedoch keine Konflikt-Eskalation und erst recht keinen Krieg.

Folglich sind die Solidaritätsbekundungen und in Aussicht gestellte NATO-Mitgliedschaft für Georgien bei gleichzeitiger "Verurteilung Russlands" seitens der NATO, EU und dt. Bundesregierung eine inakzeptable Parteinahme für die kriegsverbrecherische Regierung Georgiens.

Moskau wirft der NATO zurecht zweierlei Maß vor, auch wenn die NATO-Staaten die Vergleichbarkeiten von Kosovo-Konflikt und Georgien-Konflikt leugnen, aber jeden Separatismus verdeckt oder offen militärisch unterstützen, sobald dieser eine Ausweitung der NATO-Macht zu bewirken verspricht.

Es "liegt zwar jeder Fall anders", aber auch die Einzelfallgerechtigkeit stellt sich nur her, wenn die NATO endlich ihre Maßstäbe definiert, nach denen sie die Fälle verallgemeinerbar beurteilt sehen möchte. Ohne rechtliche Standards bleibt auch die NATO-Politik Barbarei, Machtpolitik und völkerrechtswidrig, mitsamt der Tendenz zur Fortsetzung bzw. Wiederbelebung des Kalten Kriegs gegenüber Russland.

Dennoch bedarf Moskaus Georgien-Politik der Verurteilung durch die Weltöffentlichkeit und die Vereinten Nationen, die es allemal auch auf ein Veto Russlands im Weltsicherheitsrat ankommen lassen sollten.

Im Unterschied zu Merkels und Steinmeiers Erklärungen sehe die russische Kriegführung als völkerrechtlich gerechtfertigt an, soweit sie zur Verteidigung bzw. Wiederherstellung des Status quo ante erforderlich war, denn Georgien wäre mit Bitten nicht zum Rückzug bewegt worden, sondern hätte seitens der NATO wahrscheinlich noch Rückendeckung bekommen.

Aber Verteidigung ist Verteidigung, nicht aber "Bestrafung", zu der sich der russische Präsident Medwedew mehrfach in Ansprachen berufen anmaßte und die russischen Truppen auf georgisches Kerngebiet vordringen ließ, dort Wohnbezirke aus der Luft und mit Panzern unter Beschuss nahm, den Freischärlern der Separatisten Rückdeckung für Plünderungen und Brandschatzung militärischen Schutz bot.

Moskau und alle Welt sollen lernen, dass "Bestrafung" durch Regierungen überhaupt nicht sein darf, sondern Sache unabhängiger Gerichte zu sein hat, die rechtliches Gehör und Verteidigung gewährleisten, Urteile sprechen. Und nur dann dürfen Staaten "Strafen vollstrecken". Alles andere ist Barbarei, denn auch für das "Völkergewohnheitsrecht" kann nichts anderes gelten als für jedes andere Gewohnheitsrecht: Schlechte Gewohnheit ist keine Rechtsgrundlage. Das ist die herrschende Meinung in der Rechtswissenschaft, auch unter den Völkerrechtlern.

Was sollte Urteilstenor sein?

Im Urteil müsste Moskau zumindest den Schaden ersetzen, der militärisch oder unter dem Schutz der russischen Militärs Zivilisten zugefügt wurde. Einschließlich Rentenzahlungen für Versehrte und Hinterbliebene von getöteten Zivilisten.
Um die Schäden zu ermitteln braucht es völkergerichtliche Untersuchungen und die fallweise Entscheidung, wenn die russische Regierung nicht ihrerseits die Einzelfälle außergerichtlich und gütlich mit den Geschädigten zu regeln versteht.
Russland muss auch für die Morde und Schäden durch die Freischärler haften, wenn diese nicht zu ermitteln sind, denn auch dafür trägt Moskau die Verantwortung, dass solche Horden auf dem Trittbrett der russischen Mega-Militärs mitfahren konnten oder hätte sie in die militärische Disziplin der russischen Streitmacht nehmen müssen.

Im Urteil gegen Georgien müsste über Zivilopferentschädigung hinaus auch für getötete Militärs gehaftet werden, sonst würden Aggressor und Überfallener unzulässig gleichbehandelt.

Zum Unterschied zwischen Reparationen und Bestrafung

Erst Reparationen machen die Kriege so teuer, wie die Kriege teuer sind und tunlichst denjenigen, die sie verschulden. Die Kosten des Krieges lassen sich eben nicht nur nach den Haushaltszahlen für Militärisches beziffern, sondern weit mehr an den militärischen Wirkungen.

Weil aber Krieg keine "Betriebsunfälle" sind oder sonst wie Resultat einer "Außerachtlassung von Sorgfaltspflichten", sondern geplante und durchgeführte Verbrechen im Großmaßstab, wenngleich die Kriegsrealität den Kriegsplanungen nie entsprechen, muss dafür über Reparationen und Schadensersatz hinaus erst recht auch "Bestrafung" sein, denn bestraft würde in zivilen Rechtsordnungen oft auch schon für bloße Fahrlässigkeit.

Die Weltpolitik darf nicht weniger zivil sein als die Politik in jedem halbwegs zivil geordneten Staat.

Wie sollte die Strafe (möglich) sein?

Wenn Kriegsverbrecher greifbar sind, kommen sie mittlerweile von Tribunale, z.B. vor den Internationalen Strafgerichtshof. Dort werden sie verurteilt. Gegebenenfalls lebenslänglich.

Greifbar sind Kriegsverbrecher nur dann, wenn sie nicht wie bspw. George W. Bush, Tony Blair und Wladimir Putin den Schutz ihrer Regimes und Bevölkerungen genießen, sondern in ausreichende Ungnade gefallen und in die Hände ihrer Widersacher, wenn diese sie nicht ermorden, sondern vor ein Gericht stellen wollen.

Die Bevölkerungen solcher Kriegsverbrecher wird stets Neigung haben, ihre Kriegsverbrecher gegen Verurteilung und Bestrafung zu schützen, denn zu groß wäre ihnen die Sorge, für Regierungsverbrechen mithaften zu müssen, aber zur Haftung für "Organe" gibt es nun mal keine vernünftige Alternative, schon nicht im gewöhnlichen Recht und deshalb tunlichst auch nicht im Völkerrecht.

Solche Erkenntnis- und Entwicklungsprozesse sind mühsam, werden sich nicht erzwingen oder umgehen lassen. Und deshalb bleiben mir Leute wie Bush, Putin, Saakaschwili weiterhin in Berlin "Willkommen", wenngleich weniger herzlich, aber aus diplomatischen Gründen: "Allemal Willkommen!" - denn wir müssen reden.

Wenn also Kriegsverbrecher aus Gründen ihrer Macht nicht zu greifen sind oder die Ergreifung nicht zur Eindämmung von Konflikten dienlich wäre, dann muss anstelle von Bestrafung die Aufforderung an die Regierten sein, dass sie gefälligst ihre Regierungen abzuwählen und durch welche zu ersetzen, die Recht schaffen und achten.

Diese Aufforderung muss vorerst auch uns Deutschen gelten, denn Merkel und Steinmeier wollen sich nicht davon überzeugen lassen, dass auch die internationale Politik an Recht gebunden sein muss, sondern wollen weiterhin mit dem Kriegsverbrecher Saakaschwili kollaborieren.
Und wäre dem nicht so, so wäre Saakaschwili mit hoher Wahrscheinlichkeit gar nicht erst zum Kriegsverbrecher geworden. Menschen würden leben, die nun zu begraben sind.

-markus rabanus- >> Diskussion

Wie sinnvoll ist das "C" von CDU und CSU ?

Das "C" steht für christlich, aber die Christen in der CDU/CSU sind vermutlich von kaum besser als die parteilosen Christen und Christen anderer Parteien.

Das "C" ist Anspruch und Verpflichtung.
Menschen, die einen solchen Anspruch geltend machen, sollten sich immer daran messen und erinnern lassen.
z.B.: Würde sich Jesus in einen Bomber setzen?

Wem "christliche Politik machen" als Anspruch zu hoch ist, weil "ohne Schwert" keine Politik zu machen ist, wie es auch mir scheint, soll solche/seine Politik dann aber nicht "christlich" nennen. Das bliebe Etikettenschwindel und auch aus religiöser Sicht Missbrauch des Gottesbezugs (siehe 1.Gebot).

Zum "C" gehört auch die Frage, ob eine Volkspartei überhaupt konfessionell definiert sein soll - oder man müsste überlegen, wie zu gewährleisten ist, dass eine "M"-Partei (=Muslim-Partei) politisch nicht automatisch konkurriert, sondern kooperiert. Was würden die CDU-Mitglieder meinen, wenn sich eine "Muslim-Partei" etabliert? Wie würden sich Christen fühlen, wenn sie einer Muslim-Partei beitreten sollen? Wie fühlen sich Muslime, die der "C"-Union beitreten sollen?

Wer hat Sensibilität für solche Fragen? Es braucht sie. Sonst klappt keine Integrationspolitik.

Mit anderen Worten: Ich halte es im Sinne des Christentums nicht für wünschenswert, dass sich Parteien, die allerlei Schnödem verpflichtet sind und für Machtkämpfe und Raketen stehen, religiöse Titel bemühen.
Und ich halte religiöse Bezeichnungen auch nicht für vereinbar/konsequent mit der erforderlichen Säkularität des Staates.

Vereine mögen so heißen, aber nicht Parteien, deren Selbstvertändnisse und verfassungsgebotene Rolle dem säkularen Staat verpflichtet sind.

Die Menschheit lernte in den letzten Jahrzehnten viel hinzu. Auch wir Deutschen lernten dazu. So sollte man die Kraft haben, sich von lieb gemeinten Gewohnheiten zu verabschieden, wenn sie so lieb gar nicht sind, sondern unnötig die Gesellschaft spalten.

-markus rabanus-2001/2008 >> Diskussionen

01 Juli 2008

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30 Juni 2008

Kritik an Herfried Münklers Atomwaffen-Thesen

Unter dem Titel "Atomwaffen schrecken Dschihadisten ab" veröffentlichte "SPIEGEL-Online" (25.06.08) ein Interview mit dem an der Humboldt-Universität Berlin Geschichte lehrenden Prof. Herfried Münkler. Das Interview enthält unter anderem und kurzgefasst folgende Thesen:

1. Eine atomwaffenfreie Welt, wie sie von Obama, McCain überlegt und von den früheren US-Ministern Henry Kissinger oder George Shultz gefordert wird, hält Münklers für "realpolitisch ganz unwahrscheinlich", da die Furcht der Atommächte zu groß sei, eine von ihnen werde sich heimlich nicht daran halten und werde dann "Herr der Welt".

Kissinger, Shultz, McCain, Obama keine Realpolitiker? Herrn Münkler mag das so scheinen, aber "realpolitischer" ist die Vermutung, dass wenn ein Atomwaffenverzichtsvertrag auf den Weg kommt, dann nur einschließlich wirksamer Kontrollmechanismen.

2. Eine atomwaffenfreie Welt sei auch deshalb unrealistisch, weil es eine Vielzahl von Staaten gebe, die jederzeit heimlich Atomwaffen entwickeln könnten.

Münkler verkennt, dass ein Kontrollszenario weltweit und gegenüber jedem Staat gelten würde, also das Universalitätsprinzip anstelle des Mitgliedschaftsprinzips der Vereinten Nationen und des NPT vereinbart würde.

Dass dieser Systemwechsel vor allem vom gemeinsamen Willen der USA, Russlands und Chinas abhängt, wäre im wahrsten Sinne des Wortes "realpolitisch", denn solch gemeinsamer Entschlusskraft könnte sich zumindest in der Jetztzeit kein anderer Staat widersetzen - und würde es auch nicht, denn die Mehrheit der Vereinten Nationen würde es unterstützen.

Das Mitgliedschaftsprinzip kann stets nur vorbereitende Funktion haben, würde aber rechtsfreie Räume beibehalten, solange man sich nicht zum Universalprinzip durchringt.

Dem Historiker Münkler sollte es bekannt sein, dass alle Rechtsentwicklung nicht davon abhängig war, ob der letzte Schurke Einsicht bekennt, sondern davon, ob die politischen Kräfte ausreichend waren, ein Recht allgemeinverbindlich zu machen.

3. Münkler behauptet, dass Russland und China nicht Atomwaffenfreiheit interessiert seien, da sodann die konventionelle Überlegenheit der USA stärker ins Gewicht falle.

Auch diese These ist so realistisch wie fatalistisch, denn tatsächlich dürfte sich wohl kaum etwas zum Besseren wenden, wenn nur Argumente zum Schlechten in die Waagschale kommen.
Münkler geht offenbar davon aus, dass die USA nicht gewillt sein werden, sich an die Charta der Vereinten Nationen zu halten und auf Akte der Selbstjustiz zu verzichten, sich dem Veto der anderen Mächte zu beugen.

Das könnte sich tatsächlich den anderen Atommächten als Hindernis zum weltweiten Atomwaffenverzicht erweisen, sollte es aber dennoch nicht, denn die daraus resultierenden Risiken dr Atomwaffenverbreitung aus aus der schon vorhandenen Atombewaffnung wären weit unterschätzt und wiegen zu schwer, um die Sicherheitspolitik weiterhin auf die atomare Abschreckung zu stützen.

Es kommt demzufolge darauf an, dass die USA Gewährsmittel dafür entwickeln, von ihren militärischen Möglichkeiten nicht mehr gegen den Willen Russlands, Chinas Gebrauch zu machen.
Moderne Sicherheitspolitik sollte auf verifizierbaren Sicherheitsgarantien beruhen, nicht mehr auf Abschreckung und militärischer Überlegenheit, denn letztere hat im Extrem zur Folge, was auch Münkel in seiner Schrift "Der Wandel des Krieges. Von der Symmetrie zur Asymmetrie" ein Stück weit zur Terrorismus-Analyse nachvollzieht.

4. Auf die Frage, ob wir in Deutschland noch Atomwaffen brauchen, antwortet Münkler: "Aus politischen Gründen: ja. Aus operativen Gründen: nein. Sollten wir nicht mehr bereit sein, diese Waffen in Deutschland zu lagern, werden wir auch nicht mehr den Finger mit am Abzug haben können. Das ist vielleicht nicht schlimm. Entscheidend aber ist, dass wir dann keinen Finger mehr am Sicherungshebel haben, also auch keinen Einfluss mehr hätten, einen atomaren Angriff zu verhindern. Deshalb sollten die Waffen bleiben."

Offenbar geht Münkler davon aus, dass die "nukleare Teilhabe" so weitreichend sei, dass "wir den Finger am Abzug" hätten. Dann wäre er besser informiert als "wir", denn allgemein wird davon ausgegangen, dass die nukleare Teilhabe zwar bundesdeutsche Hilfestellungen, aber keine Verfügungsmacht darstellt.

"Aus politischen Gründen: ja", spricht sich Herr Münkler für den Behalt von Atomwaffen in Deutschland aus und ist offenbar im Glauben, dass völkerrechtliche Verpflichtungen keine politischen Gründe sind, denn die Bundesrepublik Deutschland unterschrieb den NPT am 28.11.1969.

5. Münkler hält die Debatte um die Sicherheitsmängel der europäischen Atomwaffenlager für "lanciert", da die USA ein großes Interesse daran hätten, Investitionen für die Unterbringung ihrer Nuklearwaffen auf die Verbündeten abzuwälzen.

Dass die Untersuchung durch das Pentagon auf Geheiß des US-Kongresses durchgeführt wurde, nachdem bekannt wurde, dass es zu versehentlichen Atomwaffentechnologie-Lieferungen an den Taiwan gekommen war, zum Transport vermeintlich gesicherter Atomwaffen über US-Territorium, zu Dokumentationsproblemen bei der Atomwaffen-Inventur, all das hat zunächst mal nichts mit dem von Münkler ins Feld geführte finanziellen Interesse zu tun, sondern mit dezidiert sicherheitspolitischen Interessen zur Verhinderung eines ungewollten Atomwaffeneinsatzes. Besonders einem Historiker sollte solche Vorgeschichte bekannt und zu würdigen sein.

6. Münkler mutmaßt, dass auch Dschihadisten durch Atomwaffen abzuschrecken seien. Deren Opferbereitschaft unterscheide sich nicht von der soldatisch typsichen Opferbereitschaft, den eigenen Tod zugunsten des Überlebens anderer in Kauf zu nehmen.

Mag sein, wenngleich das Ding mit der soldatischen Opferbereitschaft vielschichtig und in den meisten Fällen anders ist >> www.inidia.de/heldenmythos.htm

Es stellt sich jedoch bei Atomwaffen gar nicht die Frage nach soldatischer Opferbereitschaft, denn Soldaten haben in Sachen Krieg und Frieden gewöhnlich wenig Mitspracherecht.
Die Frage lautet vielmehr, ob sich Politiker durch Atomwaffen abschrecken lassen, und wenn dem Historiker Münkler nicht reichlich Beispiele einfallen, bei wie vielen Politikern jedes Mitgefühl gegenüber den Überlebensinteressen anderer verlorenging, dann wäre seine Abschreckungsgewissheit dahin und möglicherweise auch mehr Einsicht für ein Regime, das die Entwicklung und Vorhaltung von Atomwaffen ausschließt.

Jede Abschreckung, welche auch immer, funktioniert überhaupt nur dann, wenn Verantwortungsbewusstsein zumindest restbeständig bliebe, während jede Abschreckung versagen kann, sobald jemand glaubt, "nichts mehr zu verlieren zu haben".

7. Münkler behauptet, dass die "religiöse Intensität", "heroischen Potenziale" und Opferbereitschaft in den Industrienationen im Vergleich zu bspw. islamischen Staaten gemindert sei und durch technologische Überlegenheit ausgeglichen werde und werden müsse.

Abgesehen von der in solcher These mitschwingenden Überheblichkeit, die dazu neigt, zwischen Machbarkeit und Rechtlichkeit keine Unterscheidung zu treffen, erkennt Münkler zwar, dass die Wahrscheinlichkeit terroristischen Zugriffs auf atomwaffenfähiges Material wachse, aber er setzt gleichwohl auf den technologischen Vorsprung als Sicherheitsdoktrin.

Logischer ist hingegen, wenn aus den mitwachsenden Fähigkeiten auf Seiten der Technologieunterlegenen ein schrittweiser Paradigmenwechsel geschlussfolgert würde:
Verzicht auf Atomwaffen-Privileg gegen ein weltweites Kontrollsystem zum Atomwaffenverbot.
Und "realpolitisch" lässt sich solch Kontrakt eher aus der Position der Stärke schließen als ohne Atomwaffenbesitz, aber wird der Kreis der Atomwaffenstaaten zu groß, so würde sich diese Möglichkeit erschweren.

8. Münkler fordert für den Fall, dass sich der Staat Pakistan auflöse: "Man muss versuchen, die Teile der pakistanischen Armee, die Zugriff auf die Nuklearwaffen haben, so zu strukturieren, dass sie im Augenblick des Auseinanderfallens des Staates sich mitsamt ihren Fähigkeiten entweder in russische, amerikanische oder chinesische Obhut begeben."

Münkler scheint von der Rationalität militärisch Verantwortlicher so sehr überzeugt, dass sie den ideologischen Wirren, in die Politik und Land verfallen können, standhalten würden und sich dann in "Obhut" anderer Staaten begeben? Na, wenn das mal nicht "ganz unwahrscheinlich" und allzu riskantes Hoffen ist.

Die Realpolitiker in Washington sind diesbezüglich weiter, denn seit dem 19.November 2007 ist bekannt, dass die USA schon seit 2005 mit mehr als 100 Mio. US-$ der pakistanischen Regierung bei der Atomwaffen-Sicherung spendierten und vermutlich auch Interventionspläne in der Schublade haben. Das klingt für manche Leute beruhigend, andererseits verstößt es gegen den Atomwaffensperrvertrag, denn die USA dürften Pakistan solche Hilfen nicht gewähren, sondern müssten zunächst dafür sorgen, dass Pakistan dem Atomwaffensperrvertrag beitritt.

Was nicht rechtens ist, taugt nicht für die Sicherheitspolitik, sondern vertieft nur die Gräben zwischen den heutigen und künftigen Streitparteien.
Die einzig realistische Alternative lautet, dass die Atomwaffenstaaten ihren Verpflichtungen aus Art.6 Atomwaffensperrvertrag nachkommen und dazu ein universelles Atomwaffenverbot auf den Weg bringen - ban on nuclear weapons.

-markus rabanus- >> Diskussion

28 Juni 2008

Antisemitische "Wissenschaft" auf Staatskosten

Auf einer Veranstaltung deutscher Historiker am 20.06.08 in Hamburg soll der der Göttinger Professor Arnd Krüger behauptet haben, dass sich die von Terroristen bei den Olympischen Spielen 1972 ermordeten Israelis von dem Anschlag gewusst und somit freiwillig ihre Ermordung in Kauf genommen hätten, um Israel zu dienen.

Der SPIEGEL berichtet, dass Krüger seine Verdächtigung mit einem in Israel zu anderen Industrienationen "unterschiedlichen Körperverständnis" unterlegte, beispielsweise versuche Israel, "Leben mit Behinderungen mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu verhindern".

Auf die Kritik an seinen Äußerungen habe Krüger seine "Thesen" verteidigt und betont, dass er "kein Antisemit" sei.

Krüger ist Direktor des sportwissenschaftlichen Institutes der Universität Göttingen. Inzwischen wird seine Absetzung gefordert. Die Universität aber wolle erst abwarten, wie die Deutsche Vereinigung für Sportwissenschaft (DVS) reagiert.

Keine Suspendierung vom universitären Amt? Keine Ermittlungen wegen Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener?

-msr/IniDia- >> Diskussion

25 Juni 2008

Affektierter Umgang mit Linkspartei und NS-Vergleichen

Ulla Jelpke (BT-Abgeordnete der Partei „Die Linke“) erntet für ihre Kritik an der geplanten BKA-Reform reichlich Empörung. Jelpke hatte gesagt: „Was da geschaffen wird, ist eine geheim ermittelnde Staatspolizei.“

Solche Kritik ist zutreffend, denn wer dem BKA fortlaufend die Ermittlungsbefugnisse erweitert, ohne den davon betroffenen Bürgern rechtliche Verteidigung einzuräumen, schafft eine eine "geheim ermittelnde Staatspolizei". Daran ändern auch Gesetzes- und Richtervorbehalte nichts, wenn nicht spätestens nach Beendigung zu befristender Ermittlungen die Betroffenen über den Umfang und die Ergebnisse der Ermittlungen informiert werden.

Es ist bedauerlich, dass es in der bisherigen Debatte ausschließlich um das Für und Wider von exektutiven Methoden/Erlaubnissen geht, nicht aber um das Erfordernis gleichzeitiger Entwicklung von Bürgerrechten.

Der Vorwurf, dass Jelpkes Kritik das BKA mit der GeStaPo vergleiche, obendrein auch noch die Opfer des NS verhöhne, obwohl Mahnungen gegen geheimpolizeiliche NS-Praktiken das genaue Gegenteil sind, ist viel eher eine Zumutung als wenn Jelpke tatsächlich der Reform ns-totalitäre Motive unterstellt hätte.

Hallo Herr Bosbach,

Sie machen mit Kritik an NS-Vergleichen auf sich aufmerksam. Deshalb stelle ich Ihnen drei Fragen:
1. War Ihre Familie in NS-Mitgliedschaft oder NS-Spitzeleien verstrickt?
2. Spitzelten Sie für den Verfassungsschutz, wie es viele Ihrer Partei-Kameraden tun?
3. Wie können die Betroffenen überprüfen, dass die Spitzel nicht lügen, wenn es nicht wenigstens nach Ablauf von Fristen ein Akteneinsichtsrecht gibt?

Antitotalitarische Phrasendrescherei ist mir unglaubwürdig, wenn der Staat als Anwalt und Exekutive der Gesellschaft mehr und mehr Rechte bekommt, aber nicht gleichzeitig die Bürgerrechte mitziehen, eben auf Auskunft und Rechtsmittel in eigenen Belangen.

Es kann nicht genügen und genügt mir auch nicht, von Datenschützern und Richtern oder parlamentarischen Kontrollorganen vertreten zu sein, wenn den Betroffenen verwehrt bleibt, überhaupt zu erfahren, dass es um sie geht.

Wer den Vertretenen in seinen Angelegenheiten entmachtet, soll ein Entmündigungsverfahren einleiten, aber nicht so tun, als wolle er ihn vertreten.

Grüße von Markus Rabanus

07 Juni 2008

Paradoxe Logik: "McCain für Russland besser als Obama" ?

Meinungsverschiedenheit

US-Präsidentschaftskampf: McCain besser für Russland als Obama und Clinton

MOSKAU, 22. Mai (RIA Novosti). Der republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain, der sich für eine stabilere und voraussagbarere Russland-Politik einsetzt, wäre für Russland eine bessere Wahl als seine demokratischen Konkurrenten Hillary Clinton und Barak Obama.

Diese Meinung äußerte Alexander Konowalow, Leiter des Instituts für strategische Studien. "Ich bin eindeutig für McCain", sagte der Experte in einem Interview mit RIA Novosti. Russland müsse nicht von Amerika geliebt werden, sondern es brauche einen voraussagbaren Opponenten. "McCain hat zwar keine besondere Sympathie für Russland, aber er hat Voraussagbarkeit und Stabilität".

Außerdem habe ein republikanischer Präsident einen Vorteil gegenüber einem demokratischen. "Er müsste nämlich nicht jeden Tag beweisen, dass er sich nicht an die Kommunisten verkauft hat", sagte Konowalow. Da die Amerikaner nicht an den Republikanern zweifeln, würde McCain als Präsident mehr Spielraum bei der Ausgestaltung der Russland-Politik haben.

In Russland habe man immer den demokratischen Kandidaten in den USA den Daumen gehalten. "Wir waren von John F. Kennedy begeistert, kriegten aber die Kuba-Krise. Mit dem republikanischen Hardliner Richard Nixon hingegen haben wir die ersten Verträge zur strategischen Abrüstung geschlossen."

Unter Präsident Jimmy Carter (Demokraten) sei das gesamte System der Rüstungskontrolle zusammengebrochen, sagte Konowalow. "Dann kam Ronald Reagan, der die Sowjetunion "das Reich des Bösen" nannte. Mit ihm haben wir reale Abkommen über die atomare Abrüstung unterzeichnet."

Außerdem sei Präsidentschaftskandidat McCain Veteran des Vietnam-Krieges. "Wenn man weiß, was Krieg ist, kann man ihn nicht wollen."


KOMMENTAR

Konowalows Einschätzung klingt zunächst plausibel, zumal das Patriotismus-Argument sticht und wegen der historischen Bezüge, aber 1. sind sie nur ein Ausschnitt der Geschichte und 2. schon darin regelrecht falsch.

Ein Beispiel: Konowalow irrt, denn nicht Kennedy "bescherte" die Kuba-Krise, sondern das kontinuierliche Streben beider Supermächte, sich gegenseitig mit Mittelstreckenraketen auf den Pelz zu rücken - die USA mit der Raketenstationierung in der Türkei, Russland mit der Raketenstationierung auf Kuba.

Und worin sind Hardliner "berechenbarer"? Allein in der zur Hetze und Militanz neigenden Selbstgerechtigkeit. Oder soll "Berechenbarkeit" darin charakteristisch sein, dass jemand keinen Kurswechsel zu vollziehen imstande ist? - Dann wäre die Menschheit an Kuba gescheitert, denn es brauchte die finale Verhandlungsdynamik eines Kennedy und Chruschtschow zur "Kehrtwendung".

Und wer brachte die Politik aus ihrem Antagonismus heraus? Es waren Willy Brandts Ostpolitik und Gorbatschows Westpolitik, die den "Eisernen Vorhang" mit Diplomatie und Verträgen durchschnitten, Ost und West wirtschaftlich und politisch vernetzten.

Es waren diplomatische Politiker, die den "Kalten Krieg" mit dem Konzept der "friedlichen Koexistenz" überwanden. Und auch die "friedliche Koexistenz" wurde überwunden, erwies sich als Aufbruch zu "friedlicher Kooperation".

Diese Entwicklung wäre mit Leuten, die einander nur durch Zielfernrohre beäugen und von der anderen Seite bloß als "Reich des Bösen" zu sprechen wussten, nicht zu schaffen gewesen.

Die grundlegenden Veränderungen zum Besseren konnten nur diplomatische Politiker erwirken, während die Hardliner, so zahlreich und wiederkehrend sie an der Macht waren, schlussendlich bloß mitlächeln und unterschreiben mussten und konnten.

Konowalow hätte allenfalls recht, dass ein McCain "besser für Putins Burgfrieden" sei, aber "für Russland besser" ist damit nicht gleichbedeutend. Mit Obama als US-Präsidenten hingegen "droht" der gesamten Welt:-), dass zur Politik der bloße Konter nicht mehr genügt.

Putin ist kein Dummkopf. Und Medwedew auch nicht. Die beiden können da mithalten, aber man wird sie dazu motivieren müssen. Und das wiederum kann nur klappen, wenn man entweder die Nato auflöst oder weit genug für Russland öffnet.

-markus rabanus-

06 Juni 2008

Israel droht dem Iran mit völkerrechtswidrigem Militärschlag

Der israelische Vizeregierungschef Shaul Mofaz kündigte gegenüber der Tageszeitung "Yedioth Ahronoth" an: "Wenn der Iran sein Programm zur Entwicklung von Atomwaffen fortsetzt, werden wir angreifen."

Die israelische Regierung scheint auf die häufigen Erklärungen Teherans nichts zu geben, wonach das iranische Atomprogramm ausschließlich zivile Zwecke verfolge und der Gesinnungswandel behauptet wird, dass Atomwaffen für vernünftige Staaten keine Option sind, denn zumindest bis zum Jahr 2003 forschte das Mullah-Regime in Sachen Atomwaffenentwickung, stellte sie dann jedoch nach Einschätzung des CIA ein >> (Meldung v. 4.12.2007).

Sollte Israel exklusive Kenntnisse über das iranische Atomprogramm haben, wäre es an die Vereinten Nationen weiterzuleiten, um sie zu prüfen und die erforderlichen Gegenmaßnahmen einzuleiten. Eigentlich wäre dazu auch IAEO zuständig, deren Mitglied Israel jedoch noch immer nicht ist.
Fehlt es Israel an Beweisen, müssen Regierungsverantwortliche wie Mofaz derlei Unterstellungen lassen und es als Verdacht kundtun.

Auf keinen Fall jedoch darf erneut ein Krieg mit der bloßen Verdächtigung geführt werden, der anzugreifende Staat strebe nach Atomwaffen. Dafür fehlt es an Rechtsgrundlagen, und für das Fehlen ist jeder Staat mitverantwortlich, der den Vereinten Nationen das letztinstanzielle Justiz- und Gewaltmonopol bestreitet, wie es insbesondere auch die israelische Regierung fortlaufend tut und der eigenen Bevölkerung propagiert.

Mofaz begründet seine Gewaltdrohung mit der Ineffizienz der bisherigen Sanktionspolitik, womit er recht hätte, denn der Iran weigert sich ausdrücklich den Weltsicherheitsratsresolutionen, erkennt sie ausdrücklich nicht an. Der Iran verhält sich damit eindeutig völkerrechtswidrig, denn auch bei Missfallen von Resolutionen ist deren Einhaltung völkerrechtsobligatorisch und alternativlos.

Aber wiederum ergeben sich aus solchen Völkerrechtswidrigkeiten für Israel keine Erlaubnisse zur Selbstjustiz.

Wenn Israel solch Militärschlag ausführt, werden Bush, Merkel und andere Politiker Israel "zur Zurückhaltung mahnen", zugleich jedoch "volle Solidarität" bekunden. Die Wirkung solcher Politik ist verheerend, denn sie ist in ihrer völkerrechtswidrigen Doppelmoral einzig dazu tauglich, dem antiisraelischen und antiwestlichen Extremismus Benzin ins Feuer zu gießen.

Mofaz hat nun weltöffentlich mit dem Bruch des Völkerrechts gedroht und Regierungschef Olmert ist auf Staatsbesuch in den USA. Es braucht deutlicher Worte gegen die Selbstjustiz.

Am 24. Juni soll in Berlin eine Nahost-Konferenz stattfinden. Davon dürfen sich Merkel, Steinmeier & Co. Werbeeffekte für die "gewachsene Bedeutung Deuschlands" erhoffen, aber für das Nahost-Thema, bei dem auch von Israel Zugeständnisse verlangt werden müssen, ist und bleibt Berlin durch den Nationalsozialismus verschlissen auf lange Sicht der falsche Ort. Kairo wäre besser. Oder eben Jerusalem, wo es einen Konferenzraum braucht - als direkte Überbauung der unseligen Demarkationslinie des Nahost-Konflikts. Und den sollten wir bezahlen.

-markus rabanus-

DGAP clustert gegen Streubomben-Abrüstungsabkommen

DGAPstandpunkt: Heiße Luft: Warum das Streubombenverbot von Dublin kein Erfolg ist

Das Verbot von Streubomben ist nach Ansicht des Auswärtigen Amts ein "Meilenstein zur Weiterentwicklung des humanitären Völkerrechts". Der tatsächliche Nutzen einer solchen Form der Verrechtlichung wird jedoch allgemein überschätzt.
Ein Vergleich mit dem als Erfolgsmodell bezeichneten Ottawa-Vertrag zum Verbot von Antipersonenminen zeigt, dass die tatsächlichen Fortschritte hinter den Erwartungen zurückbleiben. Angesichts der zu erwartenden Effekte ist der Beschluss eines Streubombenverbot auf der Dublin-Konferenz vergangene Woche eine Mogelpackung. Das Verbot steht stellvertretend für das Scheitern des klassischen Multilateralismus und für die moralische Selbstgerechtigkeit europäischer Staaten. Eine genauere Untersuchung der in Irland erzielten "Lösung" des Streubomben-Problems kann nur zu dem Schluss kommen, dass echte Fortschritte ausgeblieben sind.
Presseerklärung >> mehr

Kritik an David Bosold

Zutreffend ist, dass der Vertrag Schwächen hat, zutreffend ist, dass solche Verträge im Rahmen der Vereinten Nationen höheren Wert hätten, zutreffend ist, dass die Nichtregierungsorganisationen zur Selbstüberschätzung neigen, zutreffend ist, dass der Vertrag ohne Unterzeichnung der Clusterbomben-Hauptanwender weniger Wert hat.

Unzutreffend wäre aus diesen und anderen Unzulänglichkeiten die Schlussfolgerung, der Vertrag sei kein Fortschritt oder stehe für das "Scheitern des klassischen Multilateralismus", denn Multilateralismus unterscheidet sich vom Konsensprinzip, setzt keine allseitige Zustimmung voraus, typischerweise auch nicht derer, die sich aus Gründen ihrer besonderen Stärke vom Unilateralismus mehr versprechen, also typischerweise nicht die Beflügler des Multilateralismus sind.

Somit stimmt die positive Einschätzung des Auswärtigen Amtes, insbesondere deshalb, weil "ein Meilenstein" bedeutet, dass es noch zu tun gibt. - Die Teilnahme Deutschlands an diesem Vertrag ist richtig.

-markus rabanus- >> Diskussionen